Dienstag, 18. Oktober 2011

(2) Alles Bio

... oder was?
(Weiter gehts:)

Wieder zu Hause vom Urlaub hab ich dann mal das Internet durchforstet, denn hier im Osten erschien es mir ungleich schwerer so zu leben, wie ich mir das vorstellte. Außerdem war da ja noch immer die Vorstellung, dass ich mir "nur" Bio gar nicht leisten kann. Ich meine, ja klar, wenn ich weiter so leben wollte wie bisher, dann kann ich mir Bio nicht leisten. Dazu musste eine Wende, auch in meinem Kühlschrank her.
Als Erstes las ich das Buch "Arm aber Bio", siehe auch hier, und war begeistert. Die Autorin hatte im Selbstversuch getestet, ob sie es mit dem Hartz 4 Regelsatz schafft, nur Bio-Essen auf den Tisch zu bringen. Und es ist machbar. Das Geheimnis heißt regional und jahreszeitengerecht. Und das ist ja genau das, was ich wollte.
Ich möchte hier kurz einschieben, warum mir jahreszeitengerecht so wichtig ist.
Zu DDR-Zeiten waren Allergien kaum ein Problem. Wir hatten jede Menge Atemwegsprobleme, was bei der schlechten Luft nicht verwunderlich war. Aber kaum Allergien. Etwa 10 Jahre nach der Wende war das Niveau angeglichen. Das Gebiet der DDR wurde unfreiwillig zum Testgebiet der Allergologen. Und was hat sich geändert? Meine Theorie ist: die Nahrung! Es gibt alles zu jeder Zeit und mit massig Zusatzstoffen. Farben, Aromen ... und weißdergeier was noch. Wenn ich meine Mütter über Beikost aufkläre, dann ist meine Allergieprävention nicht der Verzicht auf Allergene (man hat festgestellt, dass das wenig Sinn macht und zu DDR-Zeiten bekamen die Kinder zu allererst einen Zwiebackbrei mit Weizen, Ei und Mich - alles Hauptallergene), sondern das das Zufüttern von Dingen, die es zu der Jahreszeit gerade gibt oder die sich gut lagern lassen. Das ist im Winter nicht viel, das stimmt wohl, aber ich bin mir sicher, dass es so gut funktioniert. Natürlich sollte man noch auf andere Dinge achten, aber das ist hier nicht das Thema.
Zurück zum Bio-Essen.
Da ich nicht ganz auf Fleisch verzichten möchte (ja, ich sehe die Tiere vor mir und doch kann ich Fleisch und Tier in meinem Kopf auseinanderhalten) sollte es aber Bio-Fleisch sein oder Fleisch von Tieren aus artgerechter Tierhaltung. Wie ich vermutet hatte, war das Angebot nicht grad reich gesät. Aber ich bin fündig geworden und es gibt Wurst und Fleisch nur noch von dort. Da das Kaufen aber nun ungleich schwieriger ist und sich frisch gekaufte Wurst einfach nicht lang hält und frisch gekauftes Fleisch schnell verarbeitet werden muss (weil nicht unter Schutzatmosphäre verpackt) gibt es Wurst und Fleisch nur noch selten. Wobei auch das nicht stimmt. Es gibt es nicht mehr im Überfluss. An Wurst hab ich das ein oder andere im Glas da, in der Regel Bio-Wurst. Unser Bio-Laden um die Ecke hat Bio-Wurst, da hab ich vor dem Wochenende mal Bierschinken gekauft., worüber meine Kids ganz glücklich waren. Sicher ist es im Moment der Kaufens teurer, aber da ich keine Wurstvorräte mehr horte, wird auch viel weniger schlecht und ich muss viel weniger wegschmeißen. Der Preis dafür ist, dass ich erst wieder nachkaufen muss, wenn es alle ist. Das heißt, es gibt eben auch mal nichts, wenn ich das nicht geschafft habe oder grad nicht unterwegs war.
Ich habe hier jemanden aufgetan, der eine Ökokiste ins Haus bringt und mich da für die Regional-Variante entschieden. Von dort lasse ich mir auch gleich Eier und Milch liefern, den Rest an Bio-Milch, die ich brauche, kaufe ich dann in der zweiten Wochenhälfte. Sicherheitshalber habe ich einen Liter H-Milch im Haus, manchmal ist die gute Milch nämlich schneller leer, als ich es bemerkt habe (ich trinke selber keine Milch und bin da nicht ganz up to date). Ich versuche ein mal in der Woche auf den Markt zu gehen, dort habe ich neben gefühlten 100 Vietnamesen (die zwar sehr leckeres, aber eben konventionelles Obst- und Gemüse verkaufen) einen Stand entdeckt, der seine und damit eben regionale Waren verkauft. Natürlich bin ich gespannt, wie das im Winter aussehen wird. Aber im Moment bin ich optimistisch.
Ich backe mein Brot wieder selber. Sogar einen Sauerteig habe ich selbst angesetzt und es funktioniert wirklich ganz unproblematisch.
Im Urlaub habe ich von einem eigenen Selbstversorger-Bauernhof geträumt. Aber ich bin ehrlich. Ich schaffe es ja nicht mal, meine 50 qm Land zu bewirtschaften. Das Gärtnern macht zwar Spaß, aber nur in einem gewissen Maße. Außerdem braucht es Zeit, die ich irgendwie nicht habe. Von daher überlasse ich das Feld lieber den Leuten, die das gern machen und unterstütze sie, in dem ich ihnen ihre Waren abkaufe. Ich werde immer einen Teil bei mir anbauen, aber im überschaubaren Maße.
Im Supermarkt kaufe ich nur noch das Nötigste, sowie das, was es im Bio-Laden nicht gibt und das, wo ich (noch) nicht bereit bin, die Sachen im Bio-Markt zu kaufen.
Wie es finanziell aussieht? Da ich vorher kein Buch darüber geführt habe und auch jetzt nicht aufschreibe, was ich ausgebe, kann ich es nicht sagen. Gefühlt gebe ich nicht mehr aus. Obwohl ich fast nicht mehr auf den Preis achte. Die Kriterien sind fair gehandelt (dazu werde ich sicher nochmal was schreiben), regional, saisonal und bio. Die Menge Zusatzstoffe spielen auch eine Rolle. Ich esse und probiere viel mehr vegetarisch, ich koche wieder mehr (ein "Nachteil" wenn man so will, aber bio-fastfood ist Luxus, den ich mir so gut wie gar nicht "gönne") und leiste große Überzeugungsarbeit bei meinen Kindern. Die Große ist so alt, dass sie wirklich viel versteht und akzeptiert, die Kleine ist ja sowieso auf Krawall gebürstet und tut sich schwerer. Denn Döner, Pizza, Pommes und Fischstäbchen sind einfach die Sachen die schmecken und dass sie nicht gesund sind ist ja schließlich nicht ihr Problem. ;)

(Unter der Rubrik werde ich immer wieder was schreiben. Denn es tun sich grad sehr viele Themen auf, die mich in meiner Entscheidung bestärken.)

4 Kommentare:

KWeens hat gesagt…

alles kann ich unterschreiben!
Wir machen es sehr ähnlich wie du - außer, da muss ich noch eine praktikable Lösung finden - die Wurst und Fleischgeschichte.
Aber der Rest geht schon lange gut, auch das Brot backen. Sauerteig gibt es auch bei uns ;-)

lg
Karin

Sigrid hat gesagt…

Interessante Gedanken zu dem Thema. Da wir im Schnitt 400,- €/ Monat für Lebensmittel ausgeben, frage ich mich manchmal, ob ich da nicht irgendwo sparen könnte. Aber dann geht es mir wie Dir und denke mir: Es ist mir das Geld wert.

Zwieback hat gesagt…

Ich kann Deine Gedanken zu dem Thema gut nachvollziehen. Ich bemühe mich auch Bio zu kaufen. Mein Anhang hier teilt die Einstellung dazu nicht, das Kind so wieso nicht, bei ihm liegt die Wellenlänge ganz auf der Deiner Tochter.

Ich habe das Glück, dass es bei uns viel direkt vom Erzeuger zu kaufen gibt. Wir haben einen ganz hervorragenden Bio Metzger im Ort, das Fleisch ist teuer, das ist keine Frage, aber die Qualität ist nicht zu vergleichen. Milch kann ich auch direkt vom Hof kaufen, abgefüllt in meine eigenen Behälter, mit dickem Rahm obenauf. Bei Obst und Gemüse ist es so, dass ich saisonal und regional kaufe bei dem, was ich nicht sowieso von der Arbeit mitbringe, oder was aus dem Garten ist.

Ich denke wir sollten bewusster leben, ich für meinen Teil brauche z.B. im Winter keine Erdbeeren und ich brauche schon gar keine Äpfel aus Neuseeland (Wir leben in einem Apfelland, wer zum Geier kauft bloss so was?). Es dreht sich also nicht nur um Bioware, sondern eben auch um den Weg den mein Essen zurücklegt, bevor es auf meinem Teller landet.
Ich bin nicht fanatisch, was meine Einstellung zum Essen betrifft, aber ich denke, jeder Schritt zählt.

LG Manuela

Mohnrot hat gesagt…

Danke für den interessanten Post!
Wir haben das ganze Thema bei uns Anfang dieses Jahres auch in Angriff genommen und eine Bio-Kiste für Obst und Gemüse abonniert. Den Rest (also auch Milch- und Fleischprodukte) kaufen wir nur noch im Bio-Supermarkt. Seit etwa zwei Monaten habe ich eine Getreidemühle und experimentiere jetzt mit meinem selbst angesetzten Sauerteig rum (verkaufen könnt ich das Brot nicht, aber für uns geht das schon *g*).
Vielen Dank für Deinen Regional-Hinweis! Ich denke, da muss ich noch was machen.
Seit ich im Internet auf die Seiten von Mellifera gestoßen bin, kaufe ich übrigens schon nur noch regionalen Honig (was auch im Bio-Supermarkt eine Herausforderung ist!!!) (kurze Erklärung: regionale Imker zu unterstützen bedeutet die gesamte regionale Landwirtschaft zu unterstützen, denn ohne Bienen keine Ernte!)
Aber ich denke, ich werde aus meiner bislang einfachen Gemüsekiste dann doch auch eine regionale machen. Denn gerade das Allergie-Thema hat mich sehr getroffen, wegen meinem dafür sehr anfälligen Mann!
Er unterstützt meinen Bio-Weg übrigens, da bin ich sehr dankbar dafür! Und: wir zahlen jetzt wirklich nicht mehr für Lebensmittel. Wir kaufen kaum Verarbeitetes (und dadurch Teures) kaufen, gehen auch bewusster und geplanter zum Einkaufen und müssen dadurch weniger wegschmeißen. UND: wir gehen nicht mehr in Discounter, wo dann doch auch noch viel unnötiger Schnickschnack mitgenommen wurde.
Sorry, das wurde jetzt doch recht viel Text. Ich freu mich auf jeden Fall schon darauf, mehr von Dir zu diesem Thema zu lesen!
Liebe Grüße, Verena